Start-ups weltweit vernetzen

Gruppenbild Männer und Frauen © CCAMP

Wissenschaftlicher Fortschritt lebt von weltweiter Kooperation. Das DWIH Neu-Delhi engagierte sich 2022 mit diversen Formaten dafür, den Austausch zwischen indischen und deutschen Start-ups zu fördern und konnte seine Expertise auch im Vorfeld des G20-Gipfels in der indischen Hauptstadt einbringen.

Ohne neue, innovative Lösungen sind die großen Herausforderungen unserer Zeit nicht zu bewältigen. Wissenschaftsbasierte Start-ups spielen hier eine entscheidende Rolle. Oftmals im universitären Kontext gegründet, helfen sie dabei, wichtige Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung für einen breiteren Markt zu etablieren. Das gelingt allerdings nur dann, wenn eine Produktidee auch auf soliden wissenschaftlichen Erkenntnissen aufsetzen kann. „Leider gibt es genau für diese Phase noch zu wenige Fördermöglichkeiten“, sagt Aadishree Jamkhedkar, Leiterin der Programmarbeit des DWIH Neu-Delhi. „Dabei wissen wir, dass wissenschaftsbasierte Start-ups besonders stark von internationalen Forschungskooperationen profitieren. Sei es in den Bereichen Testing und Validation oder bei allgemeinen Mentoring-Möglichkeiten.“

Bereits seit 2021 bemüht sich das DWIH Neu-Delhi intensiv darum, diese Lücke zu schließen. So hatten im August 2022 sechs Gründerinnen und Gründer aus Deutschland die Gelegenheit, sich mit fünf indischen Kolleginnen und Kollegen zu ihren Forschungsansätzen und Produktideen auszutauschen. Organisiert wurde das Veranstaltungsformat „Innovators Connect Tandem“ vom DWIH Neu-Delhi in Zusammenarbeit mit dem Startup Incubation and Innovation Centre (IIT) in Kanpur und dem Centre for Cellular And Molecular Platforms (C-CAMP) in Bengaluru. Zwei Wochen lang arbeiteten deutsch-indische Zweierteams vor Ort an einer gemeinsamen Idee, beraten und unterstützt durch Innovationsexpertinnen und -experten der gastgebenden Start-up-Inkubatoren. Von deutscher Seite waren unter anderem das Karlsruhe Institut für Technologie (KIT), die Technische Universität Braunschweig und Science and Startups Berlin vertreten.

Zwischen Indien und Deutschland vermitteln

„Unser Ziel war es darüber hinaus, die Teilnehmenden mit potenziellen Investoren und Förderinstituten zusammenzubringen“, berichtet Jamkhedkar. Sowohl während der Workshop-Phase als auch im Rahmen eines abschließenden Pitchs hatten die Gründerinnen und Gründer die Gelegenheit, sich mit entsprechenden Akteuren auszutauschen. Dass die Vernetzung am besten über Inkubatoren statt über das direkte Koppeln einzelner Start-ups funktioniert, war eine Erkenntnis, die das DWIH während der letzten Jahre gewonnen hatte. „Wir beschäftigen uns ja schon seit einiger Zeit mit der Förderung der Internationalisierung von Start-ups in Deutschland und Indien“, so Dr. Katja Lasch, Leiterin des DWIH Neu-Delhi. „Die einzelnen Unternehmen direkt miteinander zu vernetzen, hat dabei nicht so gut funktioniert. Dazu sind die Erfahrungswelten in Deutschland und Indien zu verschieden. Also haben wir uns darauf konzentriert, zunächst die Inkubatoren zusammenzubringen.“

Dabei ist Katja Lasch wichtig zu betonen, dass die Konzeption des Austauschformats gemeinsam erfolgt ist. „Wir wollten auf keinen Fall ein bereits ausgearbeitetes Programm präsentieren, sondern hier mit unserem indischen Netzwerk in einen konstruktiven Dialog treten.“ Aus einer größeren Auswahl an potenziellen Partnern ergab sich schließlich ein engerer Kreis von sieben Inkubatoren, mit denen das DWIH für das Programm im Jahr 2023 zusammenarbeitet. „Wir stehen hier in einem kontinuierlichen Austausch und entwickeln die Formate weiter“, so Lasch. Das sei auch wichtig, um zwischen den doch recht unterschiedlichen Start-up-Ökosystemen der beiden Länder zu vermitteln. „Wir konnten uns hier im Laufe der Jahre erfreulicherweise eine gewisse Kompetenz aneignen.“

Genau diese Vermittlungskompetenz wird seit einiger Zeit auch intensiv nachgefragt. Nach den ersten Austauschformaten war Katja Lasch mit ihrem Team unter anderem am KIT in Karlsruhe und an der TU Braunschweig für einen Workshop des deutschen Förderprogramms EXIST mit über 300 Hochschul-Inkubatoren eingeladen. Die Leitfrage nach den jeweiligen Bedarfen der Neugründungen führte schnell zur Beschäftigung mit strukturellen Aspekten wie den politischen Rahmenbedingungen. „Förderprogramme im Kleinen anzubahnen ist natürlich sinnvoll, aber wenn wir wirklich weiterkommen wollen, müssen wir Wirkung auf internationaler politischer Ebene erzielen“, betont Lasch. Eine solche strategische Koppelung von Wissenschaft und Politik im Rahmen einer Science Diplomacy bildet im Programm des DWIH Neu-Delhi schon seit Längerem einen wichtigen Schwerpunkt der Programmarbeit. „Wir investieren inzwischen einen Großteil unserer Zeit in Formate, die sich am Leitbild einer Science Diplomacy orientieren.“

Engagement im Vorfeld des G20-Gipfels

Inzwischen findet die Arbeit des DWIH auch Beachtung auf hoher politischer Ebene. Im Rahmen einer für den G20-Gipfel 2023 in Indien eingerichteten Taskforce, der G20 Startup Engagement Group, hatte Katja Lasch als Co-Chair der Gruppe „(International) Alliances“ die Gelegenheit, ihre Expertise auf internationaler Entscheider-Ebene einzubringen. Zukünftig werden Lasch und ihr Team weiter an Formaten arbeiten, welche in konkreten Handlungsempfehlungen für die Politik münden. Entscheidend ist dabei die intensive Pflege von Netzwerken. „Um wirklich Impact zu generieren, brauchen wir valide Netzwerke. Da reicht es nicht, einmal eine E-Mail oder Nachricht auf WhatsApp oder LinkedIn zu schreiben. Da müssen verlässliche Partnerschaften entstehen, idealerweise im globalen Maßstab. Nur dann kommen wir einen Schritt weiter.“

Klaus Lüber